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Claudio aus Wien
Claudio fährt Dnepr MT16. Am Fahrzeug finden sich auf einzelnen
Teilen Produktionsdaten aus den Jahren 1989 bis 1991. Der heutige
Kilometerstand beläuft sich auf ca. 36.000. Claudio hat immer
heftigst am Gerät manipuliert, technisch wie optisch seinen
Bedürfnissen ideal angepasst, dem Reisen. Claudio verreist
ja grundsätzlich mit seinem Gespann in Begleitung von Gattin
Susanne und Tochter Paolo. Einmal jährlich Griechenland oder
Italien oder Slowenien. Mindestens. Mit dabei: Zelt, Betten, Küche
inclusive Verpflegung, Garderobe für alle Eventualitäten,
natürlich auch Tochter Paolas "Harry Potter" Bibliothek,
Band 1 bis 4 mit Sekundärliteratur, Tauchausrüstung, Hängematte,
Beautycase, Walkman mit Cassetten und diverses Kleinzeug. Babar
reist natürlich immer mit.
Respektlos nennt Claudio seine Dnepr Fetzenmoped oder Dirtbike oder
Ratbike. Wir wollen dem aus optischen Gesichtspunkten nichts entgegen
reden. Sind doch die klassischen Proportionen des Motorrades und
des Beiwagenbootes gänzlich verschwunden unter all den angebauten
Kisten und Kästen.
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Doch wir mußten zur Kenntnis nehmen:
Gemeinsame Ausfahrt in den Bergen Friauls. Angesichts des bevorstehenden
35-Kehren-Paßes reihen wir uns mitleidig hinter Claudios überladener
Fuhre ein, der langsamere fährt ja im Konvoi immer vorne, wir
haben ja im Beiwagen lediglich Zahnbürstel und Badehose, unbeweibt,
wie wir sind. Und "Fahr ruhig einmal vor, wir holen dich eh ein".
Claudio und Sozia Susanne sind kaum hinter den Packen und Taschen
sichtbar. Paola im Beiwagen versucht mit Zaubersprüchen aus Harry
Potter dem Gefährt Flügel zu verleihen (wingardium leviosa),
ein Schwebezauber. Wir sehen das Gespann bedrohlich schaukelnd durch
die ersten Kehren beschleunigen.
Seltsam nur, daß es nicht mehr einholbar ist: Trotz heftigen
Drucks unsererseits ist das Gespann von Claudio immer ein paar Kehren
voraus. Wir sind sprachlos, ich zweifle an allen von uns gelobten
Dnepr-Umbaumaßnahmen.
In einer Fahrpause mitten in der Wildnis reicht uns Claudio kühles
Hirter Bier aus seiner Dnepr-Kühlbox und deutet am Fahrwerk kommentarlos
auf , gibt zögernd Auskunft über polierte Brennräume
und Ansaugkanäle, geschmiedeter Kurbelwelle und noch ein paar
Kleinigkeiten. |
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